Exkurs: Mit 14 oder 15 spielte ich in einem Handballverein, und im Verlauf eines Spiels brach ich mir – unter unabsichtlicher Fremdeinwirkung – das Nasenbein. OP mit Vollnarkose, Tamponage bis zum Anschlag, Schmerzen beim Lachen … dafür aber ein paar Tage schulfrei.
Zum Trost bekam ich von meinen Eltern eine Doppel-LP geschenkt: „Ekseption – With love from …“. Ich kann mit einiger Sicherheit behaupten, dass meine Eltern nicht wussten, was sie da gekauft hatten, und mir sagte der Bandname damals auch nichts, obwohl ich zu dieser Zeit neben vorbildlichem Musikunterricht in der Schule (Hallo Frau B.!) auch selbst schon einige Jahre Instrumentenunterricht hatte. Die auf dem Cover abgebildeten klassischen Komponisten – Bach, Beethoven, Mozart und einige etwas weniger prominente – und einige Titel konnte ich natürlich halbwegs einordnen. Nicht zu erwarten war allerdings, dass sich hinter dem in typischer 70er-Jahre-Ästhetik aufgemachten Cover feinster Jazz-Rock verbergen würde.
Zwar hatte ich schon einige grundsätzliche musikalischen (Er-)Kenntnisse und ein vermutlich leicht überdurchschnittlich breites Hörspektrum – und doch war es eine Offenbarung, mehr oder weniger bekannte klassische Stücke auf diese Weise zu hören: freier, rauer, groovend, mit langen Improvisationen, souverän gespielt von Musikern, die ihr Handwerk meisterhaft verstanden. Ich kann mich erinnern, dass die Platten damals in heavy rotation liefen.
Wenige Jahre später spielte ich zur Unterhaltung (bitte keine Nachfragen!) auf einer Hochzeit, der Bräutigam gehörte (als Holzbläser?) den Dortmunder Philharmonikern an. Beim vierhändigen „Take 5“ zu späterer Stunde erzählte er, dass das Orchester gerade von einer Konzertreise aus Holland zurückgekehrt war, bei der sie u.a. Rick van der Linden (Wikipedia) getroffen hätten, den damaligen Kopf von Ekseption. Sowas vergisst man nicht ;-).
Verlegenheitsgeschenk? Purer Zufall?
Jedenfalls ein echter Glückstreffer! In diesem Alter von seinen (sorry, eher weniger musikalischen, bestenfalls Mainstream hörenden) Eltern mit diesem Genre „konfrontiert“ worden zu sein war vermutlich eine der wichtigeren musikalischen Weichenstellungen in meinem Leben. Und die Tatsache, dass dahinter kein Vorsatz stand – von Indoktrination ganz zu schweigen – macht es fast noch besser.
Als (zumindest bei mir) vor einigen Jahren die Ära der Langspielplatte endete (und diese LP bis heute nicht digital erschienen ist), habe ich die vier Scheiben selbst digitalisiert und die Audiofiles vor wenigen Tagen noch einmal gründlich entknackst, -knistert und -rauscht. Jetzt klingt das alles wieder frisch wie der junge Morgen.
(Und: Ja, abgespielt wird hier auf dem Win10-Rechner tatsächlich noch mit der letzten erhältlichen Version von WinAmp!)
Seufz … they don’t write – and play! – songs like these anymore.